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Hinterlistig

Stephan Weitzel bei Naumann

 

von Georg Leiser, in: Stuttgarter Zeitung, 10.10.2008

 

Ein Dorf geht den Bach runter. Aus Tropenhölzern, Palmblättern und Kokosfasern hat Stephan Weitzel kleine Hütten gebastelt, die er auf einem Fluss aussetzte und abwärts treiben ließ. „El pueblo ideal“ heißt das Video über den Traum von der Idealstadt, den die Baumeister seit der Renaissance immer wieder geträumt haben. Doch das perfekte Dorf, das sich traditionelle Behausungen karibischer Ureinwohner zum Vorbild nimmt, scheint ebenso wenig für die Ewigkeit gemacht wie die vertikalen Wahrzeichen moderner Städte – worauf Weitzel anspielt, wenn er mit Toastbrotscheiben das World Trade Center nachbaut. Schon bedroht nämlich terroristischer Rattenfraß die Vanitasmetaphern aus Weißmehlteig.

 

Am Ende sind es alles negative Architekturutopien, die der gebürtige Stuttgarter bei Naumann zeigt. Geboten wird bunte und hinterlistige Konzeptkunst für alle Sinne. Ein Knusperhäuschen im strengen Stil Le Corbusiers jedenfalls empfängt uns mit vorweihnachtlichem Lebkuchenduft. Weitzels Collagen dagegen entlarven die Einfallslosigkeit provenzalischer Ferienhäuser oder witzeln über Werbesprüche amerikanischer Makler, die auf erotische Gemeinplätze aus Kontaktanzeigen zurückgreifen: ein schwer verkäufliches Eigenheim wird da als „begehrenswerte Schönheit vom Land“ angepriesen.

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